Gewichtsschwankungen zwischen zwei Dialysesitzungen sind keine Seltenheit und werden oft als interdialytische Gewichtszunahme (= IDWG) bezeichnet. Diese Veränderungen deines Gewichts sind oft auf die Flüssigkeitseinlagerung und -entfernung zwischen den Dialysen zurückzuführen. Diese entstehen dadurch, dass die Dialyse anders als eine gesunde Niere nicht rund um die Uhr dafür sorgen kann, dass dein Flüssigkeitshaushalt in Balance bleibt.
Während es wichtig ist diese Gewichtsschwankungen zwischen zwei Dialysesitzungen möglichst gering zu halten, spielen auch langfristige Veränderungen deines Gewichts, die nicht nur mit Flüssigkeitseinlagerungen zusammenhängen, eine wichtige Rolle für deine Gesundheit.
Wie kann dir also die Berechnung des Body Mass Index (= BMI) helfen? Wieso solltest du dein Gewicht während der Dialyse überwachen und verstehen? Und welchen Einfluss nimmt der BMI auf wichtige Gesundheitsaspekte?
Welche BMI Kategorien gibt es?
Laut der Weltgesundheitsorganisation (= WHO) kann dein Gewicht über die Berechnung des BMI in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:
Die Berechnung deines BMI kann dir also helfen langfristige Veränderungen deines Gewichts an der Dialyse im Blick zu behalten. Die Mizu App errechnet deinen BMI immer automatisch im Hintergrund, wenn du dein Gewicht eingibst.
Wie beeinflusst mein BMI meine Gesundheit?
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zeigten bereits, dass ein starkes Übergewicht (BMI ≥ 30 kg/m²), das auch als Adipositas bezeichnet wird, mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen, wie der Zuckerkrankheit (= Diabetes) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verbunden ist.
Gleichzeitig kann Untergewicht (BMI < 18,5 kg/m²) die Gesundheit ebenfalls beeinträchtigen, da es zu Erschöpfung und Abgeschlagenheit, einem geschwächten Immunsystem oder einem Verlust der Knochendichte (= Osteoporose) führen kann. Ein gesundes Gewicht spielt also ganz unabhängig von deinen Nieren eine wichtige Rolle für deine Gesundheit.
Du solltest jedoch beachten, dass der BMI keine Auskunft über den Ernährungszustand oder die Verteilung von Fett- und Muskelmasse liefert. Um zu verstehen, wie sich dein aktuelles Gewicht auf deine Gesundheit auswirkt sollte der BMI also immer im Zusammenspiel mit anderen Gesundheitswerten betrachtet werden.
Das “Adipositas Paradox” bei der Hämodialyse
Bei der Hämodialyse (= HD) wird das Blut der Menschen über eine Maschine gereinigt. Wissenschaftliche Studien konnten einen überraschenden Zusammenhang zwischen BMI und der Gesundheit von Menschen an der Hämodialyse zeigen. Die Ergebnisse bieten einen spannenden neuen Blick auf den Zusammenhang zwischen dem Gewicht und der Gesundheit an der Dialyse.
Gerade ein starkes Übergewicht (BMI ≥ 30 kg/m²) scheint sich positiv auf das Überleben an der Dialyse auszuwirken. Untergewicht (BMI < 18.5 kg/m²) ist dagegen mit einer erhöhten Sterblichkeit von Menschen an der Hämodialyse verbunden und stellt somit ein echtes gesundheitliches Risiko daren.
Dieser schützende Effekt des starken Übergewichts, der bei gesunden Personen ohne bekannte chronische Nierenerkrankung nicht zu beobachten ist, wird von Wissenschaftler:innen deshalb passenderweise als “Adipositas Paradox” bezeichnet. Interessanterweise lässt sich dieses “Adipositas Paradox”, das den Überlebensvorteil übergewichtiger Menschen beschreibt, auch bei anderen chronische Erkrankungen zeigen (z.B. Bluthochdruck, Diabetes, Herzinsuffizienz).
Der BMI & die Bauchfelldialyse
Das “Adipositas Paradoxon” ist bei Patient:innen, die eine Bauchfelldialyse (= PD) durchführen, weniger offensichtlich. Dennoch gibt es einige wissenschaftliche Studien, die auf einen schützenden Effekt eines höheren BMI im ersten Jahr nach Beginn der Bauchfelldialyse hinweisen. Allerdings könnte dieser Effekt hier mit der Zeit abnehmen.
Ergebnisse nach der Nierentransplantation
Während ein hoher BMI - oder ein starkes Übergewicht - zu Beginn einer regelmäßigen Dialysebehandlung kurzfristig also schützend wirken könnte, bleibt die Frage offen, ob sich diese positiven Beobachtungen auch auf die Zeit nach der Nierentransplantation übertragen lassen.
Im Gegensatz zur Dialyse zeigt sich hier jedoch ein anderes Bild: Ein starkes Übergewicht erhöht das Risiko für zahlreiche Komplikationen nach einer Nierentransplantation. Personen mit einem normalem Gewicht haben nach einer Transplantation ein geringeres Risiko für den Verlust des Spenderorgans, Störungen der Wundheilung oder andere ernste Probleme. Langfristig könnten die gesundheitlichen Vorteile eines normalen Gewichts also die kurzfristigen schützenden Effekte von Übergewicht auf der Dialyse überwiegen.
Woher kommt das “Adipositas Paradoxon” an der Dialyse?
Die genaue Ursache des “Adipositas Paradoxons” ist umstritten, doch es gibt mehrere Theorien unter Wissenschaftler:innen. Einige glauben, dass Übergewicht in kritischen Krankheitsphasen wichtige Reserven bietet, um diese zu überstehen. Andere sehen im zusätzlichen Fettgewebe einen Schutz vor Entzündungen oder Flüssigkeitsschwankungen an der Dialyse. Eine weitere Möglichkeit ist, dass Dialysepatient:innen mit hohem BMI bereits eine besonders widerstandsfähige, selektierte Gruppe, die somit auch eine längere Lebenserwartung aufweist.
Was bedeutet das für mich?
Ein gesundes Gewichts ist wichtig, aber es gibt keine universelle Antwort, wenn es um ein gesundes Zielgewicht an der Dialyse geht. Während Übergewicht oder Adipositas für Menschen an der Dialyse unerwartete gesundheitliche Vorteile bieten kann, lassen sich diese nicht auf andere Stadien der chronischen Nierenerkrankung (= CKD) übertragen - besonders nicht auf die Zeit nach der Nierentransplantation.
Die Berechnung deines BMIs kann dir helfen dein Gewicht und deine Gesundheit an der Dialyse bestmöglich im Blick zu behalten. Bitte sprich jedoch immer mit deinem Ärzteteam, um sicherzustellen, dass du dich in einem empfohlenen Gewichtsbereich befindest, der zu deinem persönlichen Gesundheitsprofil und deinen Gesundheitszielen passt.