Wenn deine Nierenfunktion eingeschränkt ist, hast du unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf soziale Hilfsleistungen. Diese können dir helfen den Einfluss, den die chronische Nierenkrankheit (=CKD) auf deinen Alltag und deine finanziellen Umstände nimmt aufzufangen und auszugleichen.
Diese Leistungen sollen kein Stigma für chronisch kranke Patient:innen darstellen, sondern dir dabei helfen, deinen Lebensalltag mit den zusätzlichen Herausforderungen und Aufgaben, die durch eine chronische Erkrankung entstehen, zu meistern. Es ist also wichtig, dass du einen Überblick darüber hast, was dir zusteht und wie du dich bezüglich dieser Leistungen beraten lassen kannst.
In der Folge haben wir dir daher einen Überblick über die wichtigsten Angebote und Hilfsleistungen erstellt, die dir zustehen könnten:
1. Schwerbehindertenausweis
Bei zahlreichen chronischen Erkrankungen - und auch bei der CKD - kannst du dir einen sogenannten Grad der Behinderung (=GdB) feststellen und anerkennen lassen. Dieser wird nicht nur anhand deiner verbleibenden Nierenfunktion, sondern auch auf Basis deines persönlichen Befindens und deiner Einschränkungen im Alltag festgelegt.
Dabei werden häufig folgende Einstufungen vorgenommen:
Generell gilt: Sobald deine eGFR - der Laborwert, der deine Nierenfunktion misst - unter 30 mL/min liegt, kannst du einen Antrag zur Festlegung deines GdB stellen.
Aber warum lohnt es sich, den Grad der Behinderung feststellen zu lassen? Mit einem Behinderungsgrad von über 50 sind einige Vorteile für dich verbunden, die dir helfen sollen, einen möglichen Nachteil auszugleichen. Zu diesen zählen beispielsweise ein Kündigungsschutz, fünf Zusatztage Urlaub pro Jahr, steuerliche Vorteile, oder auch der bekannte Parkausweis und Vergünstigungen für öffentliche Verkehrsmittel und Freizeitangebote.
2. Zuzahlungsbefreiung
Menschen mit einer chronischen Erkrankung müssen maximal 1% ihres jährlichen Bruttoeinkommens für Zuzahlungen leisten. Diese fallen beispielsweise bei manchen Medikamenten, Anwendungen (z.B. Krankengymnastik) oder für Hilfsmittel und Krankenhausaufenthalte an.
Bei Menschen ohne chronische Erkrankung sind es bis zu 2%. Wenn du diese Grenze erreichst, kannst du dich von weiteren Zuzahlungen befreien lassen – das geht einfach über einen Antrag bei deiner zuständigen Krankenkasse.
3. Erwerbsminderungsrente
Wenn du aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr voll arbeiten kannst, kannst du eine sogenannte Erwerbsminderungsrente beantragen. Diese soll dir helfen, finanzielle Einbußen, die durch eine limitierte Möglichkeit zur Arbeit entstehen, abzupuffern.
Kannst du unter 3 Stunden pro Tag arbeiten, hast du Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente. Kannst du zwischen 3 und 6 Stunden pro Tag arbeiten, steht dir eine halbe Erwerbsminderungsrente zu. Diese kannst du dann über den entsprechenden Arbeitslohn aufbessern.
Ein kurzes Beispiel: Arbeitest du wegen Erschöpfung nur noch 4 Stunden täglich und bist von einer fortgeschrittenen CKD betroffen, erhältst du eine halbe Erwerbsminderungsrente, die du jedoch über das Gehalt aus den verbleibenden 4 Stunden täglicher Arbeitszeit aufbessern kannst.
Wichtig ist jedoch, dass diese Rente lediglich einen Teil deines ursprünglichen Einkommens ersetzt und somit in vielen Fällen gering ausfällt. Gerade für junge Menschen, die wenig Einzahlungen in die Rentenversicherung geleistet haben, bietet die Erwerbsminderungsrente nur eine limitierte Unterstützung.
In diesen Fällen solltest du dich beraten lassen (z.B. Rentenberatung, Sozialdienst, etc.) und prüfen, ob du Anspruch auf andere soziale Hilfsleistungen, wie Grundsicherung oder Wohngeld, hast. Außerdem hast du bestimmt schonmal etwas von Zusatzversicherungen, wie einer Berufsunfähigkeitsversicherung (=BU), gehört, die dir helfen können, privat vorzusorgen und dich vor einem Ernstfall abzusichern.
4. Rehabilitation & Rehasport
Eine ambulante oder stationäre Rehabilitation kann dir helfen, deine Gesundheit zu stabilisieren. Gerade vor und nach einer Transplantation oder im Rahmen der Dialyse besteht häufig das Recht auf eine Rehabilitation. Außerdem kann Rehasport ärztlich verordnet und durch die Krankenkasse finanziert werden.
5. Pflegeleistungen & Haushaltshilfe
Wenn du im Alltag stark eingeschränkt bist, kannst du - zum Beispiel in Zusammenarbeit mit deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin - einen Pflegegrad beantragen. Nach Krankenhausaufenthalten oder im Anschluss an eine Transplantation kannst du so in manchen Fällen eine Haushaltshilfe beantragen. Die Kosten für diese kann dann im Optimalfall und nach Abstimmung die Krankenkasse übernehmen.
Vorsorge & rechtliche Vertretung
Mit einer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht stellst du sicher, dass im Notfall nach deinen Wünschen gehandelt wird. Hausärzt*innen, Sozialdienste oder Betreuungsvereine beraten dich dazu und helfen dir diese aufzusetzen. Versuche auch deine Familie und Angehörige frühzeitig in die Erstellung dieser Dokumente miteinzubinden. So stellst du sicher, dass im Ernstfall nach deinen Interessen gehandelt wird.
Beratung und Unterstützung
Lokale Selbsthilfegruppen für nierenkranke Menschen oder deren Webseiten im Netz sind meist sehr gute Anlaufstellen für die sozialen Fragen rund um die Erkrankung. Falls die Mitglieder der örtlichen Gruppe oder des Landesverbandes mal nicht weiterhelfen können, hilft in Deutschland vor allem der Bundesverband Niere e.V. Auf der Webseite des Bundesverbands findest du auch eine Übersicht aller verfügbaren lokalen Selbsthilfegruppen in deiner Nähe. Der Bundesverband Niere e.V. bietet außerdem mit dem Nierentelefon eine kostenfreie Beratungshotline für alle sozialrechtlichen Fragen bei chronischer Nierenkrankheit an.
Manche Einrichtungen oder Dienste bieten außerdem Beratungsstellen oder eine kostenlose Servicehotline an, an die du dich bei speziellen psychosozialen Fragen wenden kannst. Zu diesen zählen beispielsweise verschiedene Sozialverbände. Auch Bürgertelefone, unabhängige Patientenberatungsstellen oder die Telefonseelsorge können bei Rückfragen aller Art helfen.
Was sollte ich jetzt tun?
Du hast spezielle Fragen zu sozialen Themen rund um die chronische Nierenkrankheit? In diesem Fall kannst du dich an die benannten kostenlosen Beratungsstellen wenden. Auch dein Hausarzt oder deine Hausärztin, sowie dein nephrologisches Ärzteteam, können dich bei konkreten Rückfragen oder Anträgen unterstützen. Es lohnt sich außerdem immer deine Arztbriefe und Befunde geordnet zu sammeln. So stellst du sicher, dass du deinen Behandlungsverlauf und die Diagnosen deiner Ärzte bei Anträgen und Widersprüchen immer griffbereit hast.